Wenn ich ein biografisches Zeitzeichen mache – also eins über das Leben einer Person – dann suche ich früher oder später nach irgendwas, das mir die betreffende Person näherbringt, sympathisch macht. Das ist manchmal einfach und manchmal schwieriger. Besonders fies wird’s aber bei Typen wie Justinian I., römisch-byzantinischer Kaiser.
Erstens ist von ihm persönlich fast nichts bekannt – überliefert sind nur sehr verklausulierte Einleitungen zu Gesetzestexten, in denen er über seine (offiziellen) Motivationen Auskunft gibt.
Zweitens hat er schon das ein oder andere getan, was zumindest aus heutiger Sicht fragwürdig erscheint: der jahrelange, blutige Krieg in Italien zum Beispiel oder die Verfolgung Andersgläubiger, die mit ihm so richtig los geht.
Drittens: Prokop von Kaisarea. Der gute Mann hat ein paar recht Justinian-freundliche Werke verfasst, um dann anschließend die 180-Grad-Wende zu vollziehen und ein Schmähwerk zu verfassen, dass von Feindseligkeit nur so trieft. Man fragt sich, was Justinian ihm angetan hat.
Naja, oder man sagt sich: Haters gonna hate. Justinian war eine total spannende, abgefahrene Figur. Außerdem hat er die Hagia Sofia gebaut – das ist doch was, Herr Schneider! Ich habe also dem realen Prokop eine erfundene Figur namens Thymelica gegenübergestellt, die dem Trash-Talk mit journalistischer Objektivität zu begegnen versucht. Natürlich im Versmaß. Naja. Fast.
Danke an den mutigen Redakteur Ronald Feisel und die sowieso mutige Sarah Fitzek in der Technik. Und an Jule Vollmer (Thymelica), Hartmut Stahnke (Prokop) und Olaf Reitz (Justinian).
Und danke an die sehr kompetenten und eloquenten Interviewpartner und Justinian-Experten: Dr. Hartmut Leppin von der Goethe-Universität Frankfurt am Main und Dr. Mischa Meier von der Eberhard Karls Universität Tübingen. Beide haben übrigens schöne Bücher über Justinian geschrieben, Herr Meier ein Kompakteres für den ausgewogenen Überblick, Herr Leppin ein dickeres, aber nicht minder gut lesbares für lange Winterabende.